30. Juni 2012

Die echte Avantgarde: Ausstellung „Kunst.Preis“ in Regensburg noch bis zum 15. Juli!

Liebe Leserinnen und Leser,

heute berichten wir Ihnen von der Vernissage der Ausstellung "Kunst.Preis" in Regensburg.
Eine Ausstellung, die Sie unbedingt besuchen sollten! 
Außerdem finden Sie im Anschluss an den Bericht unsere wöchentlichen "News aus dem Netz".

Wir wünschen Ihnen ein sonniges und erlebnisreiches Wochenende!
Auf nach Regenburg, es lohnt sich!

Ihr Team von mittendrin!

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Fotos und Text: Stefan Seeligmann, Ralf Wargitsch

mittendrin! Reporter Stefan Seeligmann - Einsatz in großer Höhe

Hier der Bericht unserer mittendrin! Reporter Stefan Seeligmann und Ralf Wargitsch vom "Kunst.Preis":

Zum zweiten Mal haben die Katholische Jugendfürsorge und der Kunst- und Gewerbeverein Regensburg den Kunst.Preis für Menschen mit geistigen Behinderungen verliehen. 187 Künstler aus Niederbayern und der Oberpfalz bewarben sich mit ihren Bildern, Fotos und Zeichnungen. 150 Arbeiten wurden davon ausgewählt. Am vergangenen Freitag wurden die Preisträger Robert Dallmeier, Kevin Lombard und Tobias Schmöller in den Ausstellungsräumen des Kunst- und Gewerbevereins geehrt. Ein Höhepunkt ist dieses Jahr die Gastausstellung der oberösterreichischen Kulturformen Hartheim. Die Ausstellung läuft  bis zum 15. Juli 2012. 


Erste Impressionen vom Kunst.Preis
Freitag, 22. Juni 2012, 18 Uhr: Die ersten Hupen der Fußballfans dröhnen in den Gassen der Regensburger Altstadt. In zwei Stunden spielt Deutschland bei der FußballEM. Zu einem Public Viewing der ganz anderen Art haben sich zur gleichen Zeit über 100 Menschen in der Ludwigstraße 6 versammelt: 
Der „Kunst.Preis“ für Kunstschaffende mit geistiger Behinderung wird zum zweiten Mal verliehen. „Menschen mit Behinderung möchten so leben wie Menschen ohne Behinderung. Die Gesellschaft wird in die Pflicht genommen Strukturen zu schaffen, die Menschen mit Behinderung Teilhabe ermöglichen soll“ betont Staatssekretär Markus Sackmann in seiner Rede zur Eröffnung. Dass der Weg zur vollen Teilhabe aber oft noch mühsam ist, mussten am Freitag Menschen im Rollstuhl erfahren. Für sie steht noch kein Aufzug bereit, um barrierefrei in die Ausstellungsräume des ersten Stocks zu gelangen. Die Worte des Regensburger Bürgermeisters Joachim Wollbergs wecken dennoch Zuversicht, dass dies bis zum nächsten Kunst.Preis möglich ist: Er versprach, sich für ein inklusives Regensburg stark zu machen.

Die Preisträger und Festredner bei der Eröffnung des Kunst.Preis

Jury hatte die Auswahl aus über 543 Werken...
Für die Jury aus Dr. Rudolf Ebnet (Vorstand des Kunst- und Gewerbevereins), Michael Eibl , Direktor der KJF, Alfred Böschl, Künstler und Vorsitzender der Jury, Renate Höning, Künstlerin und Heilpädagogin, Edmund Klingshirn, Behindertenbeauftragter des Landkreises Kelheim, Wilma Rapf-Karikari, Galeristin und Martin van Bracht, Künstler und Kunsttherapeut war die Auswahl dieses Jahr besonders schwer. Nach dem großen Erfolg des Kunst.Preises im Jahr 2010 wurden heuer stolze 543 Werke eingereicht. Die Werke der drei Preisträger sind in ihren Motiven und Techniken so unterschiedlich wie die gesamte Ausstellung. Während Robert Dallmeier den ersten Preis für sein „Rennauto“ in kontrastreicher Mischtechnik gewann, zeigen die Linolschnitte des zweiten Preisträgers Kevin Lombard jeweils einfarbig Hose, Mantel und Stiefel. Der Gewinner des dritten Preises, Tobias Schmöller hat wiederum mit seinem Porträt „Heintje“ (Bleistift und Ölpastellkreide) überzeugt. Die drei Sieger durften sich über Preise von 1000 bis 300 Euro freuen. Der Kunst.Preis versteht sich als grenzüberschreitende Kunstausstellung, die Menschen mit geistigen Behinderungen eine selbstbestimmte Teilhabe an unserer Gesellschaft ermöglichen soll, wie Alfred Böschl und Michael Eibl im Vorwort des Ausstellungskatalogs betonen. Deshalb können sämtliche ausgestellten Bilder auch käuflich erworben werden und mussten erst das strenge Auswahlverfahren der mit Kunstprofis bestückten Jury überstehen. Umso größer war daher die Freude bei den Gewinnern, als die Preise übergeben wurden. 

Interview mit dem 2. Preisträger, Kevin Lombard

Interview mit dem 2. Preisträger, Kevin Lombard
Nach der Preisverleihung konnte das „Mittendrin!“ Reporter-Team mit dem 2. Preisträger, Kevin Lombard, sprechen: 
Ralf Wargitsch: 
Herr Lombard, von vielen Bildern hier bin ich sehr beeindruckt. Erzählen Sie uns bitte etwas über ihre Bilder. 
Kevin Lombard: 
Ich habe drei Bilder gemalt: eine Hose, einen Mantel und einen Schuh. Ich fand die Arbeit daran in den letzten Monaten sehr spannend und sehr schön. Dieses Jahr gehe ich von der Schule und werde in einer Werkstätte zu arbeiten beginnen. Ich hoffe, dass ich auch dann noch eine Möglichkeit finde, weiter zu malen. 



Stefan Seeligmann: 
Wie haben sie mit dem Malen angefangen ? 
Kevin Lombard: 
Ich habe zuerst Mandalas gemalt. Dann wurde ich gefragt, ob ich in der KunstAG mitmachen mag. Dort habe ich dann mitgemacht und fand das sehr schön. Mittlerweile habe ich schon an mehreren Ausstellungen teilgenommen. 
Ralf Wargitsch: 
Haben sie schon Bilder verkauft? 
Kevin Lombard: 
Eins oder zwei. Für die habe ich auch Geld bekommen. 
Stefan Seeligmann: 
Wie haben sie vom Wettbewerb erfahren? 
Kevin Lombard: 
Unsere Kunstlehrerin Renate hat uns gesagt, dass es wieder einen Wettbewerb gibt. Wir haben gemalt und Renate hat die Bilder eingereicht. Und dann kam irgendwann ein Brief, dass ich den 2.Preis gewonnen habe. Und heute stehe ich hier.... 
Stefan Seeligmann: 
Wo malen Sie am liebsten und was? 
Kevin Lombard: 
Neben den Mandalas mache ich gerne Buchstabenverzierungen. Das heißt ich mache doppelte Buchstaben. Ich male viel. Eher unter der Woche. Am Wochenende hab ich viel zu tun. Da muss ich zum Beispiel Wäsche waschen. 
Stefan Seeligmann: 
Wie geht es nach der Schule weiter? 
Kevin Lombard: 
Ich werde in der Werkstätte in Lappersdorf arbeiten und im Wohnheim Hohensand wohnen. Da freue ich mich sehr darauf. 
Ralf Wargitsch: 
Geht´s dann mit der Kunst noch weiter? 
Kevin Lombard: 
Ich werd versuchen weiter zu machen und alles geben. Der Weg muss noch weiter gehen. 
Ralf Wargitsch: 
Wie sind sie zu den Motiven Hose, Mantel und Schuh gekommen? 
Kevin Lombard: 
Ich fand die Gegenstände sehr schön. Auch die Kombination zwischen den Gegenständen fand ich schön. 
Ralf Wargitsch: 
Ist ihnen schöne Kleidung generell wichtig? 
Kevin Lombard: 
Ja, schöne Kleidung ist mir wichtig. Und coole auch. Da lege ich schon Wert d´rauf. 
Ralf Wargitsch: 
Ganz unter uns: was machen sie mit dem Preisgeld? 
Kevin Lombard: 
Das muß ich mir noch überlegen. 
Stefan Seeligmann: 
Wie machen sie das in nächster Zeit mit dem Malen? 
Kevin Lombard: 
Ich werde weitermalen so lange es geht, noch viele Bilder aufhängen und auch welche verschenken. 
Ralf Wargitsch: 
Kucken sie heute noch Fussball ? 
Kevin Lombard: 
Nein, fernsehen werd ich schon, aber nicht Fußball. Und ein bisschen mit dem Hund rausgehen. Und einfach ein wenig faulenzen. 
Stefan Seleligmann und Ralf Wargitsch: 
Herr Lombard, vielen Dank für das Interview. 
Kevin Lombard: 
Ja bitte, immer wieder!


Ein besonderer Höhepunkt des diesjährigen Kunst.Preises ist die Gastausstellung der Kulturformen Hartheim. Schloss Hartheim, das als Tötungsanstalt in der NS-Zeit traurige Bekanntheit erlangte, ist seit 2002 eine Gedenkstätte. Die Galerie der Kulturformen Hartheim versteht sich als Plattform für Kunst von Menschen mit besonderen Bedürfnissen und sammelt und dokumentiert seit den 1990 Jahren Bilder, Zeichnungen und dreidimensionale Arbeiten. Einige davon sind im Rahmen des Kunst.Preises in einem eigenen Raum zu sehen. 


Das Publikum ersetzt kurzfristig den Sänger der Firebirds

Für eine mitreißende musikalische Atmosphäre bei der Eröffnung sorgten die „Firebirds“, die Rockband des Pater-Rupert-Mayer Zentrums: da der Sänger der Band sich verspätete, sang das Publikum bei „Knocking on Heavens Door“ einfach selbst. 


Sehr viele Besucher bei der Preisverleihung




Manches Kunstwerk gibt Rätsel auf...




Ausstellungsbesucher äußern sich begeistert über die Ausstellung: „Unglaublich toll, das ist einfach wahre Kunst“, stellt Christine Lauerbach fest. Und Reiner R. Schmidt hat bereits ein Bild gekauft. An „Rebecca“ von Sabine Simeth fasziniert ihn die Direktheit der Darstellung der Menschen und Häuser. Er hat den Rat der Schriftstellerin und Schirmherrin Eva Demski schon beherzigt: „Sammeln Sie diese Kunst, dann sind sie die wahre Avantgarde!“  
 
Die Ausstellung „Kunst.Preis“ ist zu sehen bis Sonntag, 15. Juli 2012 im Haus des Kunst- und Gewerbevereins Regensburg Ludwigstraße 6 93047 Regensburg.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 12 bis 18 Uhr Samstag, Sonn- und Feiertag 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.


NEWS aus dem NETZ:

Fundstelle: kobinet-nachrichten, Kooperation Behinderter im Internet e.V.


Stefan Nathan Lange ist schon über 900 Kilometer zu Fuß in
Richtung Brüssel unterwegs. Im Europaparlament will er seine
Standpunkte darlegen.

Die sehr gute Online-Informationsplattform der Aktion Mensch
bietet wichtige Informationen zu Themen wie Wohnen, Bildung,
Arbeit, Freizeit, Recht.

Zehn Netzwerke gegen Diskriminierung aus neun Bundesländern
haben Ihre Arbeit gegen Benachteiligungen aufgenommen. Eine
klasse Initiative für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft.

Text: Team mittendrin! 
Links: kobinet: http://kobinet-nachrichten.org/cipp/kobinet/custom/pub/content,lang,1/oid,462/ticket,g_a_s_t

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