13. Dezember 2013

Inklusion geht durch den Magen: Die mittendrin – Reporter im Café B 14 in Wernberg

Liebe Leserinnen und Leser,

haben Sie heute schon die Mittelbayerische Zeitung gelesen?

Unter "Themen des Tages" finden Sie Beiträge zu der Frage:
Wie kommen Menschen mit Handicap im Job voran? (ein Klick auf den Link öffnet die Zeitungsseite)


Die Seite entstand im Rahmen des Projekts "Journalismus inklusiv - mittendrin" berichtet". Das Projekt hat Martina Hutzler, Redakteurin der MZ Kelheim ins Leben gerufen.

Lesen Sie hier den ausführlichen Beitrag der mittendrin! Reporter:

 
Auf der heutigen mittendrin! Seite dreht sich alles um das Thema Arbeit.
 

Wir haben nachgefragt, welche Außenarbeitsplätze es derzeit im Landkreis Kelheim gibt.
 

Johanna schreibt über ihr Praktikum bei AUDI, Sylvia über ihr Praktikum im Kindergarten Ihrlerstein. 

Und das mittendrin! Team veröffentlicht die Reportage zum Besuch im Café B 14.

Hier nochmals mit vielen Fotos und ausführlichen Texten.

Viel Spaß beim Lesen!

Ihr Team von mittendrin! 



 
Menschen mit Behinderungen arbeiten in einem ganz normalen Ca? Das wäre ja mal eine tolle inklusive Idee...ach, das gibt es schon? Tatchlich? Wir  mittendrin! Reporter Alex, Stefan, Franziska, Martin und Ralf wollen uns selbst überzeugen und machten uns auf ins 100km entfernte Wernberg-Köblitz im Landkreis Weiden. Dort liegt das „Café B 14“. Wir treffen kurz nach 17Uhr dort ein, das Café hat gerade aufgemacht. Die ersten Tische sind schon besetzt. Und Frau Marianne Wagner, die Leitung der Dienstleistung, empfängt uns mit ihrem Mitarbeiter Oliver zum Interview.


Alex: Hallo Frau Wagner. Wie sind Sie auf die Idee gekommen so ein Ca zu gründen?



Marianne Wagner:  Vor 19 Jahren war da auf einmal diese Idee: Was kann man machen, damit Menschen mit Behinderungen aus der Isolation herauskommen und integriert werden? Schließlich haben diese Menschen ja auch viele Fähigkeiten und Fertigkeiten. Und aus verschiedenen Ideen in die Richtung „Café haben wir dann vor 14 Jahren angefangen. Damals mit gerade mal der halb so großen Fläche wie jetzt.


Alex: Wie hat sich das dann weiter entwickelt?


Marianne Wagner:  Die ersten zwei Jahre war es schwierig, F zu fassen. Viele Leute aus der  Wernberger Belkerung  waren verunsichert, haben sich gefragt Gehen da jetzt nur Behinderte rein?. Da gab es anfangs Berührungsängste. Auf der anderen Seite waren sich auch die Menschen mit Behinderungen nicht sicher:



„Wenn ich hier ein Bier trinke oder zwei, ruft dann der Pädagoge bei mir zu Hause an?“.
Der damalige Leiter, Georg Lang, hat damals viele Menschen in Wernberg angesprochen und ins B14 eingeladen. Und so kam der Durchbruch mit einer Gruppe der Katholischen Landjugend. Die hat das B14 zu ihrem Stammlokal gemacht. Ab da war’s vorbei mit der Berührungsangst. 
Unser Ziel war von Anfang an, eine ganz normale Gastwirtschaft zu sein. Dieses Ziel haben wir seit einigen Jahren erreicht: Viele Gäste wissen gar nicht, dass wir eine Werkstätte für Menschen mit Behinderungen sind. Wir sind halt das Musikca B14! Mit abwechslungsreichem Musik- und Kulturprogramm und familiärer Atmosphäre. Deshalb kommen die Leute zu uns.


Stefan: Woher kommt der Name „Ca B14?

Marianne Wagner: Ursprünglich war unser Werbeslogan: B14 nicht nur eine Straße“. Die Straße, die hier durchgeht, war ja mal die B14. Mittlerweile heißt die Straße nicht mehr B14. Aber unser Name ist als Markenname geblieben.



Ralf: Wie viele Menschen arbeiten im B14?


Marianne Wagner: Mittlerweile arbeiten hier 15 MitarbeiterInnen mit Handicap, 5 pädagogische Fachkräfte und 10 MitarbeiterInnen auf 400-Euro Basis. Also ein recht großes Team. Das ist aber auch notwendig, denn wir arbeiten in zwei Tagesschichten. Und auch am Wochenende, das ganze Jahr. 
 Nur zwischen Weihnachten und Silvester machen wir immer zu.



Martin: Was arbeiten denn die  Menschen mit Behinderungen im B14?

Marianne Wagner: Alles was in einer Gastronomie so anfällt: Service, chenarbeiten, Reinigungstätigkeiten. Wir versuchen, jeden nach seinen Fähigkeiten einzusetzen. Der eine kann vielleicht da, der andere dort mehr. Im Lager zum Beispiel muss alles immer am gleichen Platz stehen. Das macht bei uns der Sigi, der ist dafür ein echtes Genie.

Franziska: Ich würde gerne in Kelheim in einem Ca arbeiten. Wie könnte das gehen?

Marianne Wagner: Ich könnte Dir sagen was Du machen kannst, wenn Du hier in Wernberg wärst. Da könntest Du Dich direkt bei mir bewerben. Oder ein Praktikum hier machen. Wie das in Kelheim gehen könnte, weiß ich nicht genau.

Ralf: Wir werden es rausfinden!

 
Alex: Wir fragen den Behindertenbeauftragten. Oder den Bürgermeister von Kelheim.

Stefan: Ich interessiere mich rs Backen. Was gibt es denn da zu tun?

Marianne Wagner:  Vor allem Pizza gibt es bei uns zu backen. Dafür haben wir einen großen Ofen, einen Konvektomaten.  

Da ist dann auch ein Zwiebelkuchen schnell fertig. Und zur Weihnachtszeit backen wir Plätzchen.

Alex. Ich koche gern. Was gibt es da konkret für Arbeiten?



Marianne Wagner: Ja, da gibt es viel zu tun! Wir richten auch Hochzeiten,   Weihnachtsfeiern und Geburtstagsfeiern aus. Dafür bereiten wir fast alle Zutaten frisch zu und wir brauchen große Mengen. Vom Waschen übers Schneiden bis zum Anrichten fallen hier verschiedenste Arbeiten für che an.

Ralf: Wer sind denn hauptsächlich ihre Gäste im Moment?

Marianne Wagner: Wenn sie sich umschauen, sehen Sie, dass ein wirklich bunt gemischtes Publikum hier ist. Von kleinen Kindern mit Eltern bis zu deren Großeltern mit 80 Jahren. Am Dienstag haben wir Stammtische mit Kartenspielern. Aber auch Jugendgruppen und unterschiedliche Vereinsgruppen kommen sehr regelmäßig. Nicht zu vergessen unser Pfarrer und die Gemeinderäte!

Ralf: Sie haben also die Funktion eines Dorfwirtshauses?

Marianne Wagner: Ja. Und noch darüber hinaus. Denn Menschen kommen auch aus Regensburg oder Weiden zu uns. Sie kommen einerseits weil man bei uns gut essen kann.
Und wissen es zu schätzen, dass sie bei uns respektiert werden, auch wenn sie vielleicht nicht so viel Geld haben und nur ein Spezi am Abend trinken. Dann gibt es wiederum Frauen, denen es wichtig ist, dass sie sich bei uns auch mal allein an die Theke setzen können ohne blöd angemacht zu werden. Die kommen ganz bewusst zu uns. Das hat sich so entwickelt, weil wir anfangs ja auch die Menschen mit Behinderungen vor Anmache und Übergriffen unter Alkoholeinfluss sctzen mussten.



Auch von Frau Wagners Mitarbeiter, Oliver, wollten wir einiges wissen:


Alex: Wie gefällt es Ihnen hier zu arbeiten?

Oliver: Mir gefällt es gut. Ich freu mich oft auf die Arbeit, es ist schön hier. Wir sind ein gutes Team, wo einer dem anderen hilft.

Ralf: Was sind ihre Arbeitsbereiche?

Oliver: Ich mache eigentlich alles: Theke, Bedienen, Kochen, alles.

Stefan: Wie sind Ihre Arbeitszeiten?

Oliver: Ich arbeite entweder von 8 Uhr morgens bis 16 Uhr nachmittags oder von 17 bis 24 Uhr. Meistens mehr Spät- als Frühschicht.

Martin: Wie geht es Ihnen mit den wechselnden Schichten? Ist das nicht stressig?

 Oliver: Wenn es mal sehr viel wird, helfen wir gut zusammen. So kriegen wir das schon hin.

Martin: Wer ist für Reinigung und Putzen zuständig?

Oliver: Alle. Jeder der gerade Schicht hat kümmert sich auch ums Putzen.

Alex: Wie lange arbeiten Sie schon im B14?




Oliver: Über 15 Jahre. Ich hab hier angefangen einmal im Monat mit dem Brunch, später dann noch dazu am Donnerstag. Jetzt arbeite ich Gott sei Dank ganz hier. Ich gehöre sozusagen mit zum Inventar.

Alex: Da bräuchten Sie schön langsam eine Inventarnummer...(alle lachen).

Ralf: 15 Jahre sind wirklich eine lange Zeit. Was macht es für Sie schön hier zu arbeiten?

Oliver: Es gefällt mir, hier mit den Kollegen und Gästen zusammen zu arbeiten und zu leben. Mit einigen Gästen bin ich ja schon per Du. Das passt...

Ralf: Frau Wagner, gibt es denn auch schwierige Herausforderungen im B14?

Marianne Wagner: Eine echte Herausforderung ist die Sommersaison. Wir haben draen nochmal zusätzlich 70 Plätze auf der Sommerterasse. Wenn es dann wie heuer draen 38 Grad hat ist das für uns schon anstrengend, vor allem weil die Laufwege relativ weit sind. Das beansprucht dann den Kreislauf von uns allen. Trotzdem haben wir sehr wenig Krankeitsausfälle und haben auch heuer wieder die Stzeiten gut bewältigt. Ich denke, das liegt daran dass wir alle gerne und mit Herzblut dabei sind.

Alex: Wenn ich das ganze hier so sehe, kann ich gut nachvollziehen, dass man hier gerne arbeitet!




Ralf: ...und der Duft aus der Küche erinnert mich daran, dass es jetzt Zeit wird, auch ihre Speisekarte zu testen...vielen Dank Ihnen beiden für das ausführliche Interview und das herzliche Willkommen!

Unser Fazit:

Das Café B 14 ist gelebte Inklusion mit Leib und Seele! Eine begeisternde, wahr gewordene Vision, die wir uns auch für den Landkreis Kelheim wünschen. Wir bleiben am Ball! 

Ihr 

Team von mittendrin!

Sie möchten das Musik-Café-B14 besuchen? Hier die Adresse:


Musik-Café-B14
Nürnberger Str. 10
92533 Wernberg-Köblitz
Telefon 09604-3505
Website: www.musik-cafe-b14.de
Mailadresse:musikcafeb14@loew.de


Das Musik-Café-B14 ist eine Einrichtung von:
Dr. Loew Soziale Dienstleistungen - Werkstatt für behinderte Menschen gGmbH - Gewerbering Süd 12 - 92533 Wernberg-Köblitz

Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt!
Vervielfältigung oder Veränderung bedürfen der Genehmigung der Projektleitung!

Text und Fotos: das Team der mittendrin! Reporter

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen