Liebe Leserinnen und Leser,
bereits in der letzten Woche haben wir den 1. Teil der Reportage der Abensberger Journalistin Birgit Bauer über das Magazin "Ohrenkuss" präsentiert.
Heute geht es weiter.
Mit der Arbeit in der Redaktion, wichtigen Punkten für die Autoren, Pläne und mehr ...
Teil 1 können Sie auch hier noch einmal nachlesen:
Ohrenkuss heute - www.ohrenkuss.de
Maya Hässig, Köln, www.lux72.de |
Zur Redaktionssitzung kommen
regelmäßig 18 Personen im Alter von 17 bis 54 Jahren, dazu gesellen sich eine Menge Korrespondenten, die die Redaktion
mit Texten und Ideen versorgen.
„Es ist spannend, wie
konzentriert unsere Autoren arbeiten“, sagt Katja de Braganca im Interview.
„Oft sind die Menschen ohne Behinderung schneller erschöpft, als die Menschen
mit Down-Syndrom.“
Auf die Frage, wie die Autoren
zu Ohrenkuss kommen, antwortet sie einfach: „Unsere Autoren haben das Schreiben
für sich als Ausdrucksform entdeckt und gewählt. Jeder der möchte, kann sich
melden.
Derzeit haben 3000 Leser
Ohrenkuss abonniert. Darunter sind viele Angehörige wie Familien oder Eltern,
die so besser verstehen können, wie die Gedankengänge von Menschen mit
Down-Syndrom sind, dazu kommen Ärzte, Fachleute aus der Forschung, Logopäden,
Grafiker, Germanisten und Menschen aus dem literarischen Bereich.
Von links nachs rechts: Angela Fritzen, Svenja Giesler und Marc Lohmann, Ohrenkuss-Autoren © Luke Golobitsh, Bonn |
Die Redaktionsarbeit
Die Zusammenarbeit gestaltet
sich spannend und ist oft mit Zeitaufwand verbunden. „Die, die zu uns in die
Redaktionssitzungen kommen, müssen das üben“, erklärt Katja de Braganca im
Interview mit mittendrin! – Redakteurin Birgit Bauer.
„Unsere Konferenzen sind nur
für die Redaktionsmitglieder und ohne Begleitung vorgesehen, daher müssen
unsere Autoren üben, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrdiensten und
anderen Dingen klar zu kommen. Vor allem müssen sie lernen, das zu äußern, was
sie möchten und benötigen. Ein Prozess, der eine Weile braucht.“
Jeder Ohrenkussautor hat einen Presseausweis mit Foto.© Thekla Ehling www.thekla-ehling.de |
Der größere Aufwand, so die
Redaktionsleiterin, bestehe oft bei den Begleitern. Eltern, Angehörige müssen
lernen, loszulassen und das ist nicht immer einfach. Es ist eine Hürde, die es
zu nehmen gilt, aber eine, die nach und nach genommen werden kann.
„Ich verstehe, dass das
Behüten immer im Vordergrund steht und das zu verringern, ist für die
Angehörigen nicht einfach. Aber ich denke, dass die Menschen erfassen müssen,
was sie können und sagen müssen, was sie brauchen und das können Menschen mit
Down - Syndrom sehr gut.“
Eltern und Angehörigen haben
ihre absolute Hochachtung. „Viele ältere Eltern nehmen viel auf sich, um den
Autor zur Redaktionskonferenz zu bringen und das ist oft nicht so einfach.“
„Die Autoren kommen zu uns
nicht, um beschäftigt zu werden. Wir sind keine Freizeitgruppe, wir machen hier
ernsthafte Arbeit und sind kein Beschäftigungsprojekt oder Trainingsprogramm.
Ohrenkuss ist ein Magazin, das sich selbst tragen muss“, klärt Katja de
Braganca auf und stellt fest: jeder, der für Ohrenkuss schreibt, nimmt die
Arbeit als Redaktionsmitglied sehr ernst.
Zukunftspläne
Ohrenkuss ist ein Magazin
ohne Jammerfaktor. „Wen interessiert schon ständig das Thema Down-Syndrom? Die
Menschen leben damit. Ständig darüber zu sprechen, ist langweilig“, erzählt die
Chefredakteurin.
Alle Autoren wollen Themen,
die cool und interessant sind. Wie beispielsweise im aktuellen Heft, in dem es
um Wolle und Stricken geht und in dem die Autoren einen Bauernhof mit Schafen besuchten.
Der Ohrenkuss-Autor Martin Weser schaut beim Schafescheren zu.© Swetlana Gasetski, www.swetlanagasetski.com |
Sie berichten aktuell über die Schafschur, erste Strickversuche, das Erwachsen
sein und mehr. Dass sie anders sind und die Welt aus anderen Perspektiven
betrachten und wahrnehmen fällt auf, aber auch, dass das Handicap nicht
vorrangig ist, sondern, das was man lebt und erlebt.
Ohrenkuss ist werbefrei und
soll es auch bleiben. Geplant ist eine Version in Englisch, aber das wird noch
dauern, denn mit der neuen Sprache ist ein größerer Aufwand an Logistik und
Finanzmitteln erforderlich.
„Wir werden sehen“, stellt
Katja de Braganca zum Schluss fest und ist auf die Zukunft gespannt.
Wünsche für Menschen mit Down-Syndrom
Katja de Braganca wünscht
sich mehr Empowerment. Das heißt, sie wünscht sich mehr Einsatz und Maßnahmen
dafür, den Grad an Selbstbestimmung für die Menschen mit Handcap zu erhöhen.
Sie ist der Meinung, dass
weniger Behütung vonseiten der Angehörigen und Selbstmitleid vonseiten der
Menschen mit Behinderung und dafür offenere Ohren dazu beitragen, die Menschen
mit Behinderung zu stärken und ihnen Selbstvertrauen zu geben.
Den Menschen mit dem
Down-Syndrom, muss wie jedem anderen Menschen mit Handicap wohl auch, klar sein
und werden, dass es sich um das eigene Leben handelt, das sie selbst in die
Hand nehmen können und müssen. Sie brauchen gute Assistenzsituationen,
Offenheit und mehr Respekt.
Sie selbst müssen aber auch
lernen, dass man den eigenen Willen kommunizieren und Wünsche wie Bedürfnisse
einfordern muss.
Wie schrieb die Ohrenkuss
Autorin Johanna von Schönfeld: „Jeder Mensch hat sein Päckchen“
Sie beweist mit der in
Worten gepackten Empfindung genau das, was wichtig ist:
Jeder hat sein Leben zu
leben und mit dem, was ihm so auf den Weg gegeben wurde, das Beste daraus zu
machen.
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Am 4.12.2011 um 14.30 Uhr laden wir Sie herzlich zur Ohrenkuss - Lesung in das Begegnungszentrum Kelheim, in der Emil- Ott- Straße 6 - 8 ein.
Karin Schumacher vom
Bayerischen Rundfunk liest Texte aus Ohrenkuss, die sie in drei Themen unterteilt hat: Natur
und Tiere, Zukunft und Träume, Beziehungen und Liebe. Dazu passend wird die
Lesung mit Bildern und Musik untermalt.Wenn Sie noch mehr über "Ohrenkuss" und die Lesung erfahren möchten, in der Rundschau Kelheim vom 23.11.2011 war ein Artikel darüber:
23.11.2011 Bericht über die Lesung von "Ohrenkuss" am 04.12.2011 in der Rundschau Kelheim
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Herzliche Grüße
Ihr mittendrin! Team
Bilder: www.ohrenkuss.de Wir bedanken uns bei der Redaktionsleitung für die Überlassung der Nutzungsrechte.
Text: Birgit Bauer, www.birgit-bauer.com,
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